Corinna Schirmer M.A. (Dortmund), Dr. Katrin Bauer (Köln)
Chancen und Herausforderungen von Mensch-Ding-Beziehungen bei der Nahrungszubereitung
Nahrungszubereitung und -verzehr sind soziale Totalphänomene. Jede*r setzt sich tagtäglich damit auseinander. Zugleich spiegelt sich darin gesellschaftlicher Wandel. Prozesse der Teilhabe sowie der Wissensdemokratisierung aber auch der Ab- und Ausgrenzung lassen sich ablesen. An die Auswahl der Nahrungsmittel, deren Zubereitung und die Verzehrsituation sind Diskurse um die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, Gesundheitsvorstellungen und Wertvorstellungen geknüpft, oftmals verweisen sie auf finanzielle Ressourcen der Kochenden. Produkte, Gerätschaften, Anrichtungsformen oder auch dem Ort der Nahrungszubereitung selber wird ein bestimmtes Prestige zugeschrieben und sie können als Distinktionsmittel dienen. Nicht zuletzt ist Kochen und Essen performativer Ausdruck des Lebensstils sowohl im privaten Bereich wie auch in Arbeitskontexten.
Das Projekt zum Kochalltag (Start 2025) im LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte nimmt die Nahrungszubereitung von Forschungspartner*innen im Rheinland in den ethnographischen Blick. Dabei geht das Projekt von der These einer Demokratisierung der Nahrungszubereitung aus, die sich im historischen Vergleich beispielsweise an Punkten wie der Küchenarchitektur, der genutzten Gerätschaften, der Selbstbestimmtheit der Nahrungsmittelauswahl oder der kochenden Person ablesen lässt. Denn Nahrungszubereitung ist eng mit Wissen um Produkte, Techniken, Gerätschaften, chemischen und physikalischen Prozesse u.v.m. verknüpft. Weiterhin geht das Projekt davon aus, dass in einer postindustriellen Gesellschaft sich dieses zunächst inkorporierte hin zu einem externalisierten, technisierten Wissen verlagert. Um dieser These nachzugehen nimmt das Projekt zunächst die Mensch-Ding-Beziehung bei der Nahrungszubereitung für die Arbeitspause in den Blick, werden Arbeitsauszeiten doch oftmals für die Nahrungsaufnahme genutzt.
Der Kongressbeitrag generiert sich aus dem für das Projekt erhobenen empirischen Material und befasst sich mit der Frage, wie die Beforschten bei der Nahrungszubereitung mit Unwägbarkeiten umgehen. Wie wird im Alltag und in der Arbeitspause gekocht? Und welche Rolle spielen hier inkorporiertes Wissen um Gerätschaften und Küchentechniken, die Lust am Ausprobieren oder schlicht der Aspekt der Verfügbarkeit? Welche Geräte werden verwendet, und was passiert, wenn diese im Prozess der Nahrungszubereitung nicht zur Verfügung stehen? Am Beispiel der Nahrungszubereitung lassen sich die im CfP aufgeworfenen Fragen nach performativen Spielräumen, der Improvisation oder alternativen Realisierungen diskutieren.