Workshop-Open Access

Open Access = (Un)sichere Wissenschaftsfreiheit in Digitalen Kulturen? Interaktiver Roundtable zu Haltungen und Regelungen der Wissensproduktion in der EKW
Dr. Kathleen Heft (Berlin), Philipp Goll MA (Berlin), PD Dr. Ehler Voss (Bremen)

Open Science ist zum Paradigma für die akademische Wissensproduktion nicht nur im deutschsprachigen Raum geworden. Wissenschaftspolitik, Forschungsförderung, Universitäten und Museen setzen sich nachdrücklich für Open-Access-Publikationen ein. Auf den ersten Blick scheint es, dass wir in eine offene und gleichberechtigte Ära der akademischen Wissensproduktion eingetreten sind. Wissen von und über die Welt, oft aus öffentlichen Mitteln finanziert, wird der Welt kostenfrei und mit erheblichem Spielraum für die Wiederverwendung zurückgegeben. Plattformen und Online-Archive werden zum Standard für die Verbreitung wissenschaftlichen Wissens. Sie verstehen sich als Alternative zu Paywalls und Verlagsmonopolen an die ausschließliche Nutzungsrechte abgegeben werden. Doch die performativen Spielräume dieser Entwicklung und ihre möglichen alternativen Realisierungen gilt es kritisch zu reflektieren.

Mit digitaler Wissensproduktion gehen insbesondere in den datensensiblen Fächern der Kultur- und Sozialwissenschaften Unbestimmtheiten und Unsicherheiten einher. Wie stellt sich Open-Access unter dem methodenreflexiven Blick der Empirischen Kulturwissenschaft dar? Wie lässt sich eine Forschungsethik mit ihr vereinbaren? Welche unerwarteten Effekte zeitigt die digitale Transformation? Diesen Fragen möchten wir uns in einem Roundtable mit offener Fishbowl-Diskussion annähern und durch Einblicke in unsere gemeinsame Arbeit im DFG-Projekt „EthnOA – Open Access in den ethnologischen Fächern“ vertiefen.

Das Internet lebt vom Phantasma der Möglichkeit einer weiten Verbreitung eigener Ideen; auch Open Science im World Wide Web baut darauf auf. Doch geht mit der offenen Verfügbarkeit digitaler Publikationen tatsächlich eine Demokratisierung von Wissen einher? Sind die neuen Infrastrukturen tatsächlich Safer Spaces, geschützt und rechtlich abgesichert durch Creative-Commons-Lizenzen, die Autor:innen und Nutzer:innen stärken sollen? Wie lässt sich der Befürchtung begegnen, dass Daten und Publikationen in unvorhersehbarer Weise missbraucht und Urheber- und Nutzungsrechte missachtet werden? Angesichts des umfassenden politischen Rechtsrucks stellt sich die Frage wie „Forschende“ und „Beforschte“ vor Verfolgung durch autoritär geführte Regime, Institutionen, Organisationen und ihren digitalen Infrastrukturen geschützt werden können, wenn sie offen einsehbar für alle frei über Engagement in Forschungszusammenhängen deutlich machen oder über ihre Alltagswelt Auskunft geben.

Wir möchten diskutieren, ob mit dem Open Science-Ansatz nicht stillschweigend einer Mathematisierung und Quantifizierung von Zugriffen und Zitationen Vorschub geleistet wird, deren ökonomische Logik und politische Auswirkung zumindest fragwürdig sind. Was bedeutet es für unser Fach, wenn sich Erfolg an unvorhersehbaren Klicks und Zitationen bemisst? Anders gewendet: Wie können wir unsere sozial gefassten Wissensverständnisse schützen, ohne ins Unsichtbare zu gleiten? Was braucht es an Multiplikator:innen, an Expertisen und zufallsaffinen Formen der Kommunikation in Zeiten digitaler Transformation? In welche Art von hierarchischen und ontologischen Strukturen, Ökonomien und kontingenten Medienökologien sind diese Vergemeinschaftungsprozesse verstrickt?

Wir laden dazu ein, im Rahmen eines Roundtables und anschließender Fishbowl-Diskussion Fragen der „digitalen Fürsorge“ zu diskutieren, verschiedene Sichtweisen auf das Thema einzunehmen und über bestehende Sicherungsmechanismen zu sprechen. Dabei werden wir als inspirierenden Input immer wieder Einblicke in unsere Arbeit an der Open-Access-Transformationen von Publikationsorganen wie der Zeitschrift für Empirische Kulturwissenschaft, der Curare und der Zeitschrift für Ethnologie sowie dem Angebot von Online-Zweitpublikationen geben.

Christian-Albrechts-Universität Kiel

TU Dortmund, Emil-Figge-Straße 50 (Foto: Roland Baege)
TU Dortmund, Emil-Figge-Straße 50 (Foto: Roland Baege)

Veranstaltungsgebäude 2

Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund
Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund