Zwischen Freiheit und Endlichkeit. Zeitvorstellungen und -strategien im Alter
Konzeption und Leitung: Dr. Esther Gajek (Regensburg), Prof. Dr. Irene Götz (München)
Der Eintritt in den sogenannten Ruhestand und das letzte Lebensdrittel stellen eine biografische Phase dar, die einerseits mit Entpflichtungen und Freiheiten einhergeht, anderseits die Menschen als alt kennzeichnet und sie auch mit ihrer begrenzten Lebenszeit und, damit verbunden, der eigenen Hinfälligkeit und Endlichkeit konfrontiert. Diese Phase generiert neue zeitliche Ordnungen und bedarf einer (Wieder-)Herstellung von Alltag, die vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Anforderungen wie eigener Wünsche und Möglichkeiten erfolgt, neue Praktiken erfordert oder der Revision kultureller Vorstellungen bedarf.
Das Panel geht diesen Praktiken von der Zeitnutzung und -strukturierung im sog. Ruhestand nach und fragt nach Erwartungen und Imaginationen von der letzten Lebensphase. Dabei werden die einschlägigen Aktivierungsdiskurse in ihren Auswirkungen beleuchtet, Menschen mit Demenz begleitet und Frauen in Altersarmut nach ihren Zukunftsperspektiven befragt. Im Zentrum steht dabei stets, welche Bedeutung Zeit und Zeitlichkeit für das subjektive Erleben und die Gestaltung des eigenen Alter(n)s haben. Grundlage aller Beiträge sind qualitative Interviews sowie teilnehmende Beobachtungen.
Dr. Cordula Endter (Zittau /Görlitz)
„Dem Alter(n) die Stirn bieten“. Zeit als Ressource im Umgang mit Alt-Werden und Alt-Sein
Mit dem demografischen Wandel und einer damit verbundenen Alterspolitik, die auf die Aktivierung der alternden Subjekte setzt, soll die gewonnene Zeit zum Wohle anderer genutzt werden oder der Selbstsorge und damit verbunden der Aufrechterhaltung eines selbständigen Lebens in der eigenen Häuslichkeit dienen. Keine Zeit zu haben, wird dabei zum Ausweis eines beschäftigten und darin sinnvollen und nicht zuletzt erfüllten Alters(er)lebens. Vor diesem Hintergrund beleuchtet der Vortrag, wie ältere Menschen mit dieser aktivierungspolitischen Anrufung und den damit verbundenen gesellschaftlichen und kulturellen Erwartungen eines beschäftigten (busy) Alter(n)s umgehen und wie sich darin ihr subjektives Alterserleben konstituiert.
Dr. Valerie Keller (Zürich /CH)
Zur Zukunftsplanung von Menschen mit Demenz
In der öffentlichen Debatte herrschen vielfach Beschreibungen von Defiziten, kognitiven Verlusten und Inkompetenzen Demenzbetroffener vor. Es bleibt dabei außer Acht, dass und inwiefern Menschen mit Demenz etwas für sich selbst und andere tun. Der geplante Vortrag widmet sich diesem thematischen Zusammenhang und präsentiert bisher unveröffentlichte Vorergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Selbstsorge bei Demenz im Horizont von Spiritual Care und Kulturwissenschaft“. Zentrale Frage ist, wie Menschen mit beginnender Demenz angesichts erhöhter Verletzlichkeit ihre Zukunft planen.
Prof. Dr. Irene Götz (München), Petra Schweiger M. A. (München)
„Die letzten Dinge“ – wie sich Frauen im prekären Ruhestand mit ihrer Zukunft (nicht) beschäftigen
Frauen, die im Alter lediglich auf ein geringes Alterseinkommen bauen können und wenig potente Netzwerke zur Unterstützung haben, antizipieren häufig die letzte Phase ihres Lebens als einsame finale Strecke, in der die eigene Verwundbarkeit in besonderer Weise zu Tage tritt. Der Vortrag befragt das Interviewmaterial aus dem Münchner DFG-Projekt „Prekärer Ruhestand“ noch einmal nach den Ängsten und Haltungen, die Frauen, die von Altersarmut betroffen sind, mit ihrer letzten Lebensphase verbinden, und wie sie diesen Vorstellungen praktisch begegnen.