Panel E

Digitale Zeiten. Reimaginationen und Restrukturierungen von Temporalitäten durch digitale Technologien

Organisation und Einführung: Prof. Dr. Christoph Bareither (Tübingen), Prof. Dr. Ina Dietzsch (Marburg)

Digitale Infrastrukturen und Algorithmen stellen in annähernd allen forschungstechnisch für die KA/EE interessanten Feldern wirkmächtige Faktoren dar, indem sie maßgeblich daran beteiligt sind, Elemente von Lebenswelt auf vielfältige und komplexe Weise in Beziehung zu setzen. Das Digitale ist damit auch in eine Vielzahl von Erfahrungen, Imaginationen und Gestaltungen von Zeit verstrickt, durch die Beziehungen bspw. zwischen Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart, immer auf situativ spezifische Weise, geknüpft werden. Die soziotechnischen Ensembles, in die digitale Technologien involviert sind, befinden sich zudem auf Grund der rasanten technologischen Entwicklungen in einer beständigen Spannung zwischen Wandel und Stabilisierung, die sich als dynamisches Zusammenspiel von Iteration, Rekombination und Rekonfigurationen zeigt. Für die kulturwissenschaftlich-anthropologische Forschung gilt es vor allem den Besonderheiten jener Temporalitäten auf die Spur zu kommen, die in Verwicklung und Verstrickung mit digitalen Technologien entstehen. Mit diesem Anliegen führt das Panel ethnografische Dissertationsprojekte von drei Nachwuchsforscher*innen aus der dgv-Kommission „Digitalisierung im Alltag“ zusammen, die sich mit Themen wie Digitalität, Arbeit und Ökonomie sowie Innovation und Bildung beschäftigen.

 

Dennis Eckhardt MA (Berlin)

Konsum analysieren und prognostizieren: Über Zeitlichkeit in der Plattformökonomie

Wie weiß eine Online-Plattform, wann sich Konsumierende für etwas interessieren werden oder wann sie sich für etwas interessiert haben? Dieser Beitrag baut auf ethnografischer Feldforschung in einer Online-Vergleichsplattform auf, welche die Arbeits- und Medienpraktiken des Produktionsprozesses untersucht. Aus der Sammlung von Userdaten sowie Markbeobachtung erhebt die Plattform Konsummuster und lässt diese in die Interaktion mit Konsumierenden einfließen, um deren Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Je besser das Unternehmen Konsumverhalten und Marktentwicklungen prognostizieren kann, desto höher ist die Chance auf mögliche Klicks. Die Prognostik zukünftiger Entscheidungen wird zum Ermöglicher von zu weckendem Interesse an Produkten.
[Der Teilbeitrag muss leider entfallen – Update 24.03.2022]

 

Tim Schaffarczik M.A. (Tübingen)

Zukunft = KI x Stadt. (Technologische) Zukunftsnarrative in der Debatte um das Cyber Valley

Im Dezember 2016 unterzeichneten das Land Baden-Württemberg, die Universitäten Tübingen und Stuttgart, die Max-Planck-Gesellschaft und verschiedene Industriepartner den Gründungsvertrag für eine Forschungskooperation: Der Forschungsverbund Cyber Valley sollte Grundlagenforschung im Bereich der Künstlichen Intelligenz über Startups in anwendungsnahe Bereiche überführen und Tübingen darüber hinaus zum größten KI-Standort in Europa machen. Im Frühjahr 2018 regten sich erstmals kritische Stimmen und die Stadt wurde im Laufe der nächsten anderthalb Jahre zur Bühne für eine zentrale Frage: In welcher Welt wollen wir in Zukunft leben? Gegenstand der öffentlichen Auseinandersetzung waren nicht nur die technologische Zukunft, sondern ebenso die Zukunft der Stadt(Gesellschaft). An der Schnittstelle von Stadt- und Technologieentwicklung wurden in der Debatte um das Cyber Valley in Tübingen Narrative verhandelt, deren Produkt ein ganz spezifisches Bild von Zukunft zeichnen: Zukunft = KI x Stadt.

[Wegen des obigen Ausfalls hinzugefügter Teilbeitrag – Update 29.03.2022]

 

Sarah Tanner MA (Regensburg), Libuše Hannah Vepřek MA (München)

Imaginieren – Intraagieren – (Re-)konfigurieren: Mensch-Technologie-Kollaborationen im Werden

Inspiriert von einer „ontology of becoming“ (Hultin 2019, Barad 2007) nähert sich der kombinierte Doppelbeitrag den Temporalitäten von Mensch-Technologie-Kollaborationen an und nimmt dabei die performative Konstruktion und Intraaktion (Barad 2015) beteiligter (menschlicher) Akteur*innen anhand von zwei Promotionsprojekten in den Blick:

Libuše Vepřek untersucht digitale Citizen Science-Projekte, in denen sich Mensch und Software, der Idee einer zukünftigen hybriden Intelligenz folgend, gemeinsam wissenschaftlichen Problemstellungen widmen, für die es gegenwärtig weder menschliche noch maschinelle Lösungen gibt.

Sarah Thanner untersucht Prozesse digital-materieller Innovation am Beispiel von Entwicklung und Design „intelligenter“ Tischoberflächen. Mithilfe von Augmented ­Reality kollaborieren hier Menschen mit KI, um digital-analoge Alltagspraktiken der Zukunft zu verschränken.

Beide Referentinnen gehen dabei folgenden Fragen nach: Wie werden zukünftige Formen der Mensch-Technologie-Kollaboration imaginiert und wie bilden sich dabei Zukunftsnarrative vor dem Hintergrund unterschiedlicher Zeitordnungen heraus? Und inwiefern ist die endlose Rhythmisierung der (Re-)produktionen und (Re-)Konfigurationen von Softwareprodukten durch „temporal flows of action“ (Introna 2017) gekennzeichnet, die fortwährend auf die Ordnungen eines von digitalen Infrastrukturen geprägten Alltags einwirken?

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