Unerwartetes hören – Das kreative Potenzial von Audio-samples in ethnografischer Forschung
Workshopleitung: Sarah Thanner MA (Jena), Alastair Mackie (Jena), PD Dr. Anne Dippel (Jena)
In unseren Forschungsfeldern begegnet uns eine Vielfalt von Klängen und Geräuschen, die uns zum wissenschaftlichen wie kreativen Sampling einladen. Können sich beide Ansätze gegenseitig bereichern? Welche neuen Harmonien und Rhythmen können wir in unseren Daten entdecken, die uns ungehörte und vielleicht auch ungesehene Einsichten ermöglichen (Mackie 2024)? Welche kreativen Spielräume ethnografischer Wissensproduktion eröffnen sich dabei (Dippel 2022)?
Audioaufnahmen haben in der ethnografischen Feldforschung lange Tradition als Dokumentationsmethode. Doch wie gehen wir mit Audiosamples um, sobald sie aufgenommen sind? Unerwartete Geräusche werden oft als Störungen wahrgenommen oder herausgefiltert. Dieser Workshop schlägt einen alternativen Zugang vor: Was geschieht, wenn wir das Zufällige und Unerwartete in unseren Aufnahmen nicht als Störung, sondern als kreativen methodischen Impuls verstehen?
Während Audiosamples in der ethnografischen Forschung üblicherweise nicht verändert werden, gibt es in der Musik eine lange Tradition, Samples kreativ zu transformieren. Können wir als Ethnograf*innen Audioaufnahmen auch dafür nutzen, um auditive Feldnotizen zu komponieren? Und wie könnte Sample-basierte Synthese dazu beitragen, unerwartete Momente unserer Felddaten offenzulegen?
In diesem experimentellen Workshop erkunden wir gemeinsam das kreative Potenzial von Feldaufnahmen. Nach einer Einführung in die Technik des deep listening (Oliveros 2005) begeben sich die Teilnehmer*innen an verschiedene Orte in Kiel, um auditive Feldnotizen anzufertigen. Statt eines gewöhnlichen Aufnahmegeräts nutzen sie dabei eine App zum Aufzeichnen, Verarbeiten und Komponieren von Audiosamples. Nach der Rückkehr aus dem Feld lauschen wir gemeinsam den auditiven Feldnotizen und diskutieren, welche Einblicke und Erkenntnisse uns der spielerisch-kreative Umgang mit dem Unerwarteten ermöglicht. Wie verändert sich unsere Wahrnehmung des Feldes, wenn wir gezielt nach dem Zufälligen suchen?
Der Workshop versteht sich als Beitrag zur Methodendiskussion in der Empirischen Kulturwissenschaft. Er erkundet, wie kreative Praktiken des Umgangs mit dem auditiven Zufall unser methodisches Repertoire erweitern können.
Maximale Teilnehmer*innenzahl: 15
Bei Interesse bitte vorab Kontakt aufnehmen: sarah.thanner@uni-jena.de