Dr. Hannah Kanz (Freiburg)
Tastenhandys als materialisierte Unverfügbarkeit. Techniken und Praktiken der Kontingenzbewältigung
Handys locken seit ihrer Entwicklung mit dem Versprechen mobiler Freiheit. Heute steht das Smartphone wie kein anderes Gerät für Spontanität bei gleichzeitiger Planbarkeit. Eine stabile Internetverbindung vorausgesetzt, können mit diesem technischen Artefakt zu jeder Zeit Standortdaten und Welt- bzw. Umgebungskarten aufgerufen, Öffnungszeiten recherchiert oder jegliche Art von Tickets, von Zugreisen bis zum Theaterbesuch, gebucht werden. Im Kontrast dazu stehen Tastenhandys – kleine, robuste Mobiltelefone mit nicht-responsiven Bildschirmen, die über einen erhabenen Ziffernblock und wenige Zusatztasten bedient werden – geradezu paradigmatisch für das Unverfügbare.
Der Vortrag nimmt den aktuellen Umgang junger Menschen (im Alter von Mitte bis Ende 20) mit Tastenhandys in den Blick und fragt danach, durch welche Praktiken und Techniken diese Zufälle und Kontingenzen in ihren medientechnologisch und digital durchdrungenen Alltagen bewältigen. Als empirischen Material dienen objektzentrierte Interviews, die im Zuge der abgeschlossenen Promotionsforschung „Offline-Sein. Eine Ethnographie zu Praktiken der Entnetzung“ in den Jahren 2021 und 2022 erhoben wurden.
Die Analyse des ethnographischen Materials zeigt drei zentrale Momente des Umgangs mit dem Zufall und der Unverfügbarkeit. Erstens setzen die Akteur:innen Techniken der Planung ein, die im Sinne von Zukunftspraktiken darauf abzielen, antizipierte Plötzlichkeiten und Verunsicherungen zu kontrollieren. Zweitens schlagen sich diese Planungspraktiken materiell nieder, beispielsweise in Form von handgezeichneten Raumskizzen oder ausdruckten Karten, die das Tastenhandy und seine Akteur:innen in ein Netzwerk der Dinge einbinden. Drittens bringen Momente des Zufalls soziale Relationen in den Alltagen der Akteur:innen hervor, wenn diese andere Menschen bitten, Inhalte auf ihren Smartphones zu recherchieren. Diese menschlichen ‚work arounds‘ schaffen Zugänge zu einem ansonsten unverfügbaren digitalen Netzwerk und betonen soziale Aspekte digitalen Teilhabe.